Älles Meegliche
Schwäbisch ▼
Was ist "reachd"?
Das ist ein schillernder Begriff, über die Bedeutung sich die Schwaben, besonders die pietistisch Angehauchten, alle einig sind:
A reachder Mo isch so wia de andre älle Reachde emmer fleißig ond pinktilch beim Schaffa, isch biblfeschd, kaufd nie ebbes oonedigs ond isch seim Weib emmer drei. Wenn er mit em Schaffa feedich isch, no schaffd er en saem Gaarda weidor, bloß sonntags halt nie. Kardaschbiela ond Nebanausganga machd er nie, weil's a Send isch. Alkohol drengd er nadierlich ao ed, aber Moschd ond a Vierdele dees isch jo ao koin Alkohol.
Sonndags gohd er end Kirch ond drnoch ens Wirtshaus, wo er sonsch nie nogohd, zom Frühschobba. So lang kochd sae Weib, die au a reachde Denge isch, da Sonndagsbroda. Onder dr Woch machd se au ganz fleißig d'Kehrwoch, wenn se dro isch. Ond wenn se et dro isch, no guggd se emmer ganz genau, ob's ebber vergässa hod. A bsonders Reachde butzd au de Mülleimer enna denna, wenn se gleerd send.
A ganz schees Komplemend fier a reachde Frau isch: "Du siehschd aber abgschafft aus!"
Ond a Komplemend fier an Mo, wo emmer viel schafft, hoißt: "A reachder Mo muaß au a weng schdreng riacha!"
So isch no au wieder!
Was isch gemain?
D' Oma. d' Trepp nakeia ond ra hendeherschreia: "Alde, wa saueschd denn so?"
Ebbes GANZ wichtigs:
Eine dorfbekannte Persönlichkeit aus meinem Heimatort, schon etwas angetrunken, wollte meiner Mutter etwas GANZ Bedeutendes sagen, sozusagen die Essenz seiner Lebensweisheiten in komprimierter Form :
"Wissed Se, Frau K., 's geid halt Sottiche ond Sottiche!". Kurze Denkpause. "Ond no geid' s au no Sottiche." Wieder eine kurze Denkpause. "Aber meh Sottiche als wie Sottiche!" -
Das wurde zu einem geflügelten Ort in unser Familie.
Fragen:
Was ist der Unterschied zwischen "Gruuschd" und "Glomb"?
Bedeutung / Herkunft von "fae" (doo keedsch fae uff dr Sau naus!), "gau" (Jetzd sodde no gao gao) und der Vorsilbe von "ge", z.B. in in gesenga?Spruch eines Klassenkameraden: "Haed Nochiddag han i koe Zeid, do ben'e gehasamedzga"Was alles kann das "ha...?" bedeuten auf die Frage "wie goht's denn so?"
Im Stuttgart der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts soll sich folgendes zugetragen haben:
In die fast vollbesetzte Holzklassen-Straßenbahn setzte sich ein dunkelhäutiger Mann, damals noch ungeniert als Neger bezeichnet, gegenüber einer älteren Stuttgarterin. Einen solchen Dunkelhäutigen hatte man bis dahin in Stuttgart wohl so selten gesehen, daß die Stuttgarterin vor Aufregung hin- und herrutschte, herumdruckste, sich aber doch nicht getraute. Erst bei der nächsten Station brach es aus ihr heraus und sie begann das Gespräch: "Gell, Sia kommed ed aus Schduagard?". Antwort des Dunkelhäutigen: "Nein". Darauf die Stuttgarterin erkennbar erleichtert: "Dromm!"
Wortbedeutung:
In meinem Heimatdorf Eningen u. A. bedeutete "an Ruagalarbuutz" nichts anderes als "ein Purzelbaum"
Der Umgang mit Krankheit und Tod zu Zeiten von Tbc war in den Jahren des Ersten Weltkrieges ganz anders als heute. Das zeigen zwei Episoden, die unser Ene, damals Rektor der Volksschule in Ebingen, erlebte:
'S Mariele
'S Mariele isch glei noch dr Konfirmatio, wie viele andre ao, en oinera von de Trikofabrigga schaffa ganga. Viele send do drbei vo de Fasara krank gworda ond vom Mariele hot mr gwißt, dass se ao no d' Schwendsuchd ghed hot. S Mariele, en dr Zwischazeit ganz mager, war uffm Weg vom Friedhof hoim, wie mae Ene se troffa hod. Där war ganz vrschrocka, wia se ausgseha hodd.Mariele:"Griß Godd, Herr Regdor!".Mein Ene einfühlend: "Griß Godd Mariele! Hosch daei Grab bsuchd?"Dr Karle ond d Karlene:Oimol isch mae Ene am Haus von dr Karlene ond 'm Karle vorbeikomma, a älters Ehepaar. Dr Karle, des hodd mr em Schdäddle gud gwißd, war schwer krank, ond isch bloich uffm Benkle ghoggd. 'd Karlene hodd solang em Gaarda gschaffd.Ene: "Ha, i moin, dr Karle sieht wieder aweng besser aus?" Er wollt halt ebbes schees saga.Druff d' Karlene: "I wuur en doch et nomool iberewaidra miasa!" (Ich werde ihn doch hoffentlich nicht auch noch durch den nächsten Winter bringen müssen!)
D' Orgel:
Mein Ene war auch Organist bei Gottesdiensten. Die Orgel aber hatte schon einmal bessere Tage gesehen, und etliche Tasten gaben als Ton nur ein "ffft" Er bemängelte das beim Pfarrer. Es kam dann extra eine Gutachterkommission aus Stuttgart, die Orgel zu prüfen. Ene spielte auf der Orgel, um die Störung zu zeigen. Anschließend steckten die Gutachter die Köpfe zusammen und berieten kurz. Dann sagte einer der Gutachter zum anwesenden Pfarrer: "Dr Organischd sodd hald uff de andere Daschda romdabba. Do hodds grad gnug, wo no dend!"
D' Pfarrfrau:
D' Frau vom nuia Pfarr' war koi Hiesige, ond dees hodd's domols koi zwoids Mol gäbba. I moin, se isch aus Berlin komma ond mr hodd se zu deara Zeit em Schdäddle no kaom kennd ghet. Z'mol hodd mae Ene gseha, wia baar Buaba am Pfarrhaus klengld hend. No hodd Pfarrfrau zom Fenschder rausguggd ond uff berlenerisch gruafa: "ihr frechen Bengels, wollt ihr den Unfug mit der ständigen Klingelei jetzt sein lassen!" Mae Ene hodd dia Kerle vo dr Schul kennd ghet ond se gottsallmächtig versegglt: "Ihr Lombakerle, ihr deffet doch et am Pfarrhaus Glockaputzete macha, ihr Donder!". Dia Buaba wared ganz gschdäd, bis oiner gsaid hodd: "Mit hend doch bloß sell Weib schwätza haira wella!"
Sprüche meiner Lehrerin "Faelaen D." in der Grundschule:
Auf eine erkennbar dumme Frage: "was soll i do macha?" gab sie öfter mal zur Antwort:D' Schnegga uff'd Schwenz schlaga, daß se bellad!Aufforderung an Schüler, einen Streit zu beenden:Schmeißad au amol a Bergle en a Täle on verdraged eich wieder!Aufgabe: anderer Begriff dafür wenn ein Kind "wohlerzogen" ist:Antworten der Schüler: "liab", "guad", "ooschdendich", "folgsam", "reachd", "braaf"Das Wort "brav" konnte meine damalige Lehrerin nicht leiden und kommentierte: " Braaf! Wenn d' Großmudder frogd 'Waarsch ao braaf?' dees klengd jo wie a vrschdaubde Schduab!"
wenn jemand etwas vergeblich suchte:Do liegt dae Sach doch groddabroid, ond Du sieschs et!Die Lehrerin stellte eínmal eine Frage an die Klasse, aber nur zögerlich strecken ein paar Schüler die Hände hoch.Sie zählte die Wortmeldungen: "Eins, zwei, drei, vier ... Fettauga han i uff maenra Subb!"
Lebensweisheit meiner Mutter:
"En dr Schdadd kenne emmer weniger, aber uffm Friedhof, do kenne emmer meh!"
Einmal kritisierte sie meinen Fahrstil folgendermaßen:
"Mit Dir fahr i gar nemme.
Edamol zu meiner oigana Leich!"
Aus meiner Herrenberger Zeit als Arzt:
Patient zum Arzt:2 schwäbische Ausdrückte für das hochdeutsche Wort "Husten":"Bäggr" ist ein trockener Husten,"Kotzr" dagegen ein Husten mit Auswurf.Herrliche Lautmalerei!
"I hau 's Zaiawai" (Zehenschmerzen)
Ein anderer:
Ich hatte einen schon älteren und schwer beweglichen Patienten, der auf der Untersuchungsliege lag, gebeten, sich umzudrehen, damit ich seinen Rücken untersuchen konnte. Seine Antwort:"Zaarsch been e vom Boom raa, no war mae Haxa aa!" (raa: raaghaglat [=heruntergefallen], aa: ab [=gebrochen])
"Doggdor, waas welled Sie? Ond dees ohne Heebedse?"
Beim Umzug wies der Chef den Mitarbeiter an:
Wemm'r d'Henna denna hend,no kosch gau gaudan Apprrad ra traa!
2 Gogawitz vom Latrinaleera:
Zwoi Goga wared bei Professors d' Latrin am Leera. Wo se so gschaffd hend, hodd sich tatsächlich ebber auf da Abe gsetzt und sei Gschäfd gmachd. Dr oine Gog, wo troffa worra isch, hodd gschria:"Hailandsaggramendnomolaberau, so a Sauerei!". Dr andere Gog: "Hosch gsäha, wer do gschissa hod?". Wieder der erste:" Ha, dr Phiisognomie noch muß 's d' Frau Professor gwä sei."Nomol bei Professors, an Gog leerd d' Latrin. Kommd d' Frau Professor ond said: "Iii, das stinkt ja ganz entsetzlich!". Said dr Gog: " Wenn d' Frau Professor Veigala scheissa dääd, no dääd's fae besser schmagga!" (Veigala = Veilchen, schmagga = schmecken, gemeint "riechen")
Professor und Gog im Gespräch:
Gog: "Deesch fae a Gschäft mit'm Schaffa, äll Dag frii raus, emmer noch de Rebschdegg gugga, neie setza, pflääga, em Herbschd no ernda, keldra! Dees dauert, bis ma da Wae no endlich em Faß hodd, do schaffd mr sich da Buggl gromm!"
Der Professor fühlt sich jetzt leicht angegriffen und meint, sich verteidigen zu müssen: "O, mein Herr, auch ich muss für meinen Lebensunterhalt arbeiten! Sehen Sie, morgens um
9 Uhr halte ich bereits Vorlesung an der Universität, danach eine Stunde anstrengendes Seminar, nicht zu vergessen das Curriculum in Propädeutik, danach anschließend die Besprechung der Professoren. Und erst dann, nach dem Mittagessen habe ich ein wenig Zeit und lege mich ein Viertelstündchen auf meine Veranda."
Der Gog hat genau zugehört und sagt mit leuchtenden Augen: "O Herr Professor, hodd eane ihr Frau aber an scheena Noma!"
An Gog schdeigd mit saem Jongor zom Weinberg nuff.
Zaersch missed se durch da Gaarda vom Nochbor, mit dem se aber dauernd Schreid hend. Do säad no boide, daß d' Schubkarr frei romschohd. Ohne äbbes zom saga nemmt der Jonge die Schubkarrr ond will se en da oigane Gaarda hochschieba. Said dr Vaddr: "Du Daggl, em raa!"
(em raa: "die nehmen wir erst mit, wenn wir wieder absteigen, das ist weniger anstrengend!". Da ist das Schwäbische doch um ein Vielfaches eleganter!)
Kein Multitasking möglich:
Dees gohd et gleichzeitich: scheißa, Kraut hacka ond no em Pfarrer d'Hand gea.